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E-Banking

Unternehmertum mit positiver Wirkung

Von Hildegard Backhaus Vink
 

Die Freie Gemeinschaftsbank ist seit 2018 Mitglied bei Social Entrepreneurship Schweiz (SENS), der schweizweiten Plattform für soziales Unternehmertum. Ein Interview mit Geschäftsführerin Rahel Pfister über die Ziele und gesellschaftliche Wirkung von SENS.


→ Was ist SENS?
Rahel Pfister: Der Name SENS steht für «Social Entrepreneurship Schweiz» und heisst gleichzeitig «Sinn» auf Französisch. SENS ist eine Plattform, die aus dem Wunsch heraus entstanden ist, dem sozialen Unternehmertum in der Schweiz – «Social Entrepreneurship », wie es international genannt wird – eine Heimat zu geben. Ausserhalb der Schweiz, in der EU, gibt es Länder, die in der Förderung des sozialen Unternehmertums schon viel weiter sind als wir. Wir möchten mit SENS die sozialen Unternehmen in der Schweiz sichtbar machen.

→ Wie ist SENS entstanden?
Rahel Pfister: SENS wurde 2018 von Eric Nussbaumer, SP-Nationalrat und ehemaliger Verwaltungsratspräsident der Alternativen Bank Schweiz, sowie Peter Schmid, Genossenschaftsexperte und Initiant der Baugenossenschaft «Mehr als Wohnen» gegründet. Etwas später kam Hannes Gassert, Gründer der Digital-Agentur Liip, dazu und ich wurde als Geschäftsführerin eingestellt.

→ Welche Ziele verfolgt SENS?
Rahel Pfister: In erster Linie hat SENS zum Ziel, das soziale Unternehmertum in der Schweiz bekannt zu machen und die vielen Unternehmen, die es mit dieser Ausrichtung bereits gibt, zu unterstützen. Auf der einen Seite existiert bei uns eine Tradition von sozial ausgerichtetem Unternehmertum, z. B. im weit verbreiteten Genossenschaftswesen. Auf der anderen Seite hat es in letzter Zeit einen Schub von explizit sozial ausgerichteten Start-Ups gegeben. Mit SENS wollen wir aufzeigen, dass Wirtschaften an sich nichts Negatives ist, sondern dass mit wirtschaftlicher Tätigkeit auch eine positive gesellschaftliche Wirkung erzielt werden kann.

→ Was verstehen Sie unter «Social Entrepreneurship»?
Rahel Pfister: Anstatt von «sozialem Unternehmertum» – der Übersetzung von «Social Entrepreneurship» – sprechen wir lieber vom wirkungsorientierten Unternehmertum», denn mit «sozial» wird häufig «ehrenamtlich» oder «karitativ» assoziiert. Darum geht es aber
nicht. Es geht um Wirtschaftsbetriebe, die nicht gewinnorientiert sind und die eine klare Ausrichtung haben: mit ihren Produkten oder Dienstleistungen zu gesellschaftlichen Verbesserungen beizutragen. Ein Merkmal von wirkungsorientierten Unternehmen ist, dass ein grosser Teil der Erträge in das Unternehmen reinvestiert und nicht als Gewinn angehäuft oder ausgeschüttet wird. Wirkungsorientierte Unternehmen zeichnen sich ausserdem durch die Partizipationsmöglichkeiten der mit ihnen verbundenen Menschen («Stakeholder») aus und dadurch, dass die Entscheidungskompetenz innerhalb und nicht ausserhalb des Unternehmens liegt.

→ Müssen sich die Mitglieder von SENS auf gemeinsame Ziele verpflichten?
Rahel Pfister: Am Anfang führen wir ein Aufnahmegespräch und versuchen herauszufinden, ob das jeweilige Unternehmen zu uns passt und sich mit unserer Arbeit identifizieren kann. Das wird meistens relativ schnell deutlich. Die Unternehmen füllen dann eine Selbstdeklaration aus, in der sie ihre Unternehmensziele beschreiben. Grundvoraussetzung ist, dass sie gesamthaft auf eine positive gesellschaftliche Wirkung ausgerichtet sind. Dies kann aber auch ein Weg sein. Uns ist wichtig, dass sich Unternehmen mit dem Thema auseinandersetzen.

→ Welche Vorteile bietet eine Mitgliedschaft? 
Rahel Pfister: Wir bieten unseren Mitgliedern einen Mehrwert, indem wir sie miteinander vernetzen – was manchmal auch zu Geschäftsbeziehungen führt – und den Wissensaustausch untereinander fördern. Insgesamt machen wir das Modell des gesellschaftlich ausgerichteten Unternehmens in der Öffentlichkeit bekannt und wirken damit im Sinne der Mitglieder. Auch pflegen wir gute Kontakte zu anderen europäischen Social Entrepreneurship-Netzwerken und bringen Knowhow in die Schweiz.

→ Wie erreichen Sie gesellschaftliche Aufmerksamkeit?
Rahel Pfister: Zunächst einmal geben wir den «SENS Monitor» heraus, eine regelmässig erscheinende Broschüre, die Statistiken über wirkungsorientierte Unternehmen versammelt und einzelne Unternehmen porträtiert. Diese Broschüre verteilen wir z. B. an Hochschulen
und bieten damit auf mehreren Ebenen einen fundierten Einblick in das wirkungsorientierte Unternehmertum. Als zweites veranstalten wir jährlich das Swiss Social Economy Forum (SSEF), wo sich Mitglieder mit Referaten und Podiumsgesprächen einer breiteren Öffentlichkeit vorstellen. Im Publikum sitzen Social Entrepreneurs, Politiker:innen, Medien und immer wieder auch viele junge Menschen und Studierende. Das letzte SSEF hat es sogar in die SRF-Radiosendung «Echo der Zeit» geschafft. Als drittes veranstalten wir den «Buy Social-Event» für Grossunternehmen, wo wir die Unternehmen anregen, ihre Beschaffungspolitik zu überdenken. Grossunternehmen sind gewichtige Kunden am Markt, die mit der Wahl ihrer Lieferant:innen die Nachfrage nach Dienstleistungen wirkungsorientierter Unternehmen steigern können. Den «Buy Social»-Ansatz möchten wir weiter ausbauen. Wir verstehen uns dort als Brückenbauer.

→ Was haben Sie bislang erreicht?
Rahel Pfister: Wir haben bislang die öffentliche Aufmerksamkeit auf wirkungsorientiertes Unternehmertum steigern können. An mehreren Hochschulen sind wir Gastdozent:innen und gestalten dort Module über soziales Unternehmertum in wirtschaftswissenschaftlichen Fächern. Das Swiss Social Economy Forum ist gut etabliert. Alle zwei Jahre veröffentlichen wir den SENS Monitor. Für Start-Ups bieten wir ein Coaching an, wie sie die gesamte Organisation als wirkungsorientiertes Unternehmen aufstellen können. Auf EU-Ebene gibt es ein Projekt, das Beschaffungswesen in Richtung wirkungsorientierter Unternehmen zu fördern. Dort sind wir als Schweizer Verband dabei. Insgesamt sind wir die Anlaufstelle für Social Entrepreneurship in der Schweiz.

→ Vor welchen Herausforderungen stehen Sie?
Rahel Pfister: Eine grosse Herausforderung ist die Finanzierung. Das Thema wirkungsorientiertes Unternehmertum wird bislang nicht vom Bund gefördert. Zum Teil fehlt es in der Öffentlichkeit noch an Verständnis. Wirkungsorientiertes Unternehmertum ist ja nicht einfach gemeinnützig, sondern es ist eben ein Wirtschaftszweig. Wir sitzen sozusagen «zwischen den Stühlen». Als Anschubfinanzierung hatten wir für drei Jahre Unterstützungen aus dem Pionierfonds der Migros und von weiteren Stiftungen, die aber Ende 2021 ausgelaufen sind. Nun stehen wir an dem Punkt, dass wir einen grösseren Finanzierungspartner suchen. 

→ Wie hat sich die Aufmerksamkeit für sozial orientiertes Wirtschaften in den letzten Jahren verändert?
Rahel Pfister: In den letzten Jahren gibt es zunehmend mehr Aufmerksamkeit auf wirkungsorientiertes Unternehmertum. Wir stehen aber etwas im Schatten der Nachhaltigkeits- und Klimadebatte. Social Entrepreneurship geht ja noch weiter: Hat das Unternehmen eine positive Auswirkung auf die Gesellschaft? Produziert es sinnvolle Waren, die wirklich gebraucht werden? Können sich die Mitarbeitenden einbringen? Nachhaltigkeit kann dann ein Aspekt davon sein. Die Aufmerksamkeit auf Nachhaltigkeit wächst schnell, die auf Social Entrepreneurship dagegen langsam.

→ Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Rahel Pfister: Auf nationaler Ebene wünsche ich mir, dass es eine Förderstrategie für wirkungsorientiertes Unternehmertum gibt und der SENS Monitor, der eine gute Datengrundlage liefert, finanziert wird. Und ich wünsche mir, dass die Aufmerksamkeit für das wirkungsorientierte Unternehmertum in 10 Jahren in gleicher Weise vorhanden ist wie jetzt für Nachhaltigkeit, vor allem in der Schweiz. Viele junge Menschen suchen eine sinnerfüllte Arbeit und wollen ihre Arbeitskraft nicht mehr «verkaufen». Auch die Konsument:innen möchten wissen, woher ihr Produkt stammt und unter welchen Bedingungen es hergestellt wurde. Hier setzt wirkungsorientiertes Unternehmertum an. Ein Unternehmen kann rentabel sein und gleichzeitig eine positive gesellschaftliche Wirkung haben. 

Erklärt: Wirkungsorientiertes Unternehmertum

Wirkungsorientierte Unternehmen verbinden eine wirtschaftliche Tätigkeit mit einer positiven gesellschaftlichen Wirkung. Somit unterscheiden sie sich von profitorientierten Unternehmen und rein spendenbasierten Organisationen. Wirkungsorientierte Unternehmen sind werteorientiert und pflegen eine
kooperative sowie partizipative Unternehmensführung.

Wirkungsorientierte Unternehmen zeichnen sich durch folgende Charakteristika aus:
1. Der Unternehmenszweck liegt in der positiven sozialen, ökologischen oder kulturellen Wirkung (gesellschaftliche Mission).
2. Erlöse resultieren zu mindestens 50 % aus Dienstleistungen oder Produkten.
3. Entscheidungskompetenz und Verantwortung liegen autonom beim Unternehmen.
4. Ertragsüberschüsse werden zu einem grossen Teil für die gesellschaftliche Wirkung reinvestiert.
5. Stakeholder erhalten Mitwirkungsmöglichkeiten.


Vorteile eines wirkungsorientierten Unternehmertums: 
•  Es strebt mit seiner Tätigkeit eine gesellschaftliche Veränderung an.
•  Es entfaltet eine langfristige positive, gesellschaftliche Wirkung.
•  Es leistet gesellschaftliche Beiträge, die andere Akteure nicht bieten können.
•  Es verbindet soziale mit technischer Innovation.
•  Es probiert neue Organisationsformen aus.
•  Es ist krisenresilienter (widerstandsfähiger) und flexibler als konventionelle Unternehmen.
•  Es bietet sinnhafte Arbeitsplätze. 
•  Es vereint gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Aspekte.

SENS sucht nach wie vor«Mitstreiter:innen», d. h. weitere Mitglieder, die sich der Gemeinschaft anschliessen und sich mit anderen Unternehmen vernetzen möchten. Die Mitgliedsbeiträge verhelfen dem wirkungsorientierten Unternehmertum zu mehr Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit.