1.1. Einleitung
Die Freie Gemeinschaftsbank Genossenschaft (nachfolgend «Freie Gemeinschaftsbank») ist eine Schweizer Bank mit sozial-ethischer Ausrichtung. Im Januar 1984 erhielt sie die Banklizenz und nahm im Juni desselben Jahres die Geschäftstätigkeit auf.
Alle Menschen, die sich für einen bewusst gestalteten Umgang mit Geld interessieren, sind herzlich willkommen. Die geistigen Impulse, die von unseren Werten ausgehen, fliessen in unser Handeln ein. Sie dienen der Öffnung nach aussen in die Gesellschaft und der inhaltlichen Arbeit nach innen.
1.2. Wertebasis
Unsere Werte:
1.3. Leitbilder
1.3.1. Menschenbild
Wir gehen von mündigen und eigenverantwortlichen Menschen aus, die Eigeninitiative entwickeln und andere in ihren Absichten und Bestrebungen wahrnehmen. Das Interesse an den Mitmenschen ist eine der Grundlagen für ein solidarisches Wirtschaftsleben, in dem sich Gemeinsinn entwickelt.
In unserer Bankarbeit gehen wir davon aus: Es gibt ein Geistiges in jedem Menschen.
1.3.2. Unternehmungsleitbild
Wir betrachten Organisationen als soziale Gebilde, die in ihrer Entwicklung einer Eigengesetzlichkeit gehorchen. Ähnlich wie biologische Organismen weisen sie Vitalität, Wachstum und Organbildung auf. Die Entwicklung vollzieht sich in einer Abfolge von Entwicklungsstufen, die jeweils spezifische Gestaltungselemente aufweisen und durch entsprechende Probleme und Lösungsmuster gekennzeichnet sind.
1.3.3. Leitbild der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung
Ein sozial-ethisch orientierter Umgang mit Geld setzt entsprechende gesellschaftliche Rahmenbedingungen voraus. Diese für die Bankarbeit relevanten Bedingungen können als Geld-, Wirtschafts-, Rechts- und Gesellschaftsordnung zusammengefasst werden.
Die Soziale Dreigliederung, wie sie von Rudolf Steiner 1917-23 ausformuliert wurde, bietet Gesichtspunkte für deren sinnstiftenden Gestaltung: klare Trennung von Geistes- und Wirtschaftsleben als je eigenverantwortliche Bereiche, die dem gesamten Organismus «Gesellschaft» dienen. Steiners Anliegen war, ein prozessuales Denken anzuregen, wie es von der Sache her gefordert ist.
2. Grundsätze und Unternehmenszweck
Die Freie Gemeinschaftsbank ist ein Unternehmen, das sich zur Erfüllung seiner Aufgabe wirtschaftlich gesund entwickeln will. Zugleich soll die Ertragsseite solidarische Elemente enthalten unter Berücksichtigung der verbundenen Menschen und Institutionen. Es wird eine harmonische und konstante Entwicklung der finanziellen Lage angestrebt. Dazu zählt ein angemessener Spielraum für aussergewöhnliche Situationen und die Weiterentwicklung der Bank.
Wir wollen Strukturen entwickeln, die den Menschen in und im Umfeld der Bank ermöglichen, dass sie einander wechselseitig wahrnehmen, wertschätzen und unterstützen können. Der Saal im Bankgebäude ist dafür eine wichtige Infrastruktur.
2.1. Vision und Mission
Vision
Vermögend ist, wer etwas bewirken kann – gestalten wir gemeinsam Geld mit Geist.
Menschen, die in eigener Verantwortung ihren Umgang mit Geld zum Wohle der Gesellschaft gestalten und erweitern wollen, finden in der Freien Gemeinschaftsbank Genossenschaft ein Gegenüber, das ihre Anliegen teilt und mit ihnen bewegt. Die Bank bietet im Rahmen der Genossenschaft Raum für Mitgestaltung und Austausch mit Gleichgesinnten.
Mission
Die Freie Gemeinschaftsbank strebt seit 1984 als Genossenschafts-Bank an, einen anderen Umgang mit Geld zu fördern und den Geldfluss nach ethischen Grundsätzen zu gestalten.
Die Bank stützt sich auf eine solide materielle Basis. Sie ist gut vernetzt, bearbeitet erfolgreich Fragen zu Finanzen, sozialer Dreigliederung, Ökologie, und leistet so ihren Beitrag zu einer sachgemässen, organischen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung.
Die Tätigkeit der Freien Gemeinschaftsbank liegt in der Entgegennahme von Kundengeldern und deren Ausleihung (Kreditgewährung) an Geld suchende Menschen auf der Aktivseite sowie in der Verwirklichung von Treuhandgeschäften, die direkt zwischen Geldgebenden und Geldnehmenden vermittelt werden. Weiter wickeln wir den Zahlungsverkehr für unsere Kundschaft ab.
Wir verstehen uns als partnerschaftliche Mittlerin zwischen Menschen, die Gelder für Initiativen zur Verfügung stellen wollen, und Menschen, die mit diesen Geldern Ideen in die Tat umsetzen. Das von uns betreute Geld fliesst in Projekte, die sich nachhaltig für Mensch, Tier, Pflanze und Erde einsetzen in Wirtschaft, im Sozialen, im freien Geistesleben und in der Ökologie.
Wir unterstützen unsere Kund:innen in ihren Intentionen und Entscheidungen durch fachkundige, nachvollziehbare Beratung und praktische Dienstleistungen. Vertrauen und partnerschaftliche Zusammenarbeit bilden unsere Beziehungsgrundlage. Die Freiheit und Freiwilligkeit in Handlungen und Entscheiden unserer Kundinnen und Kunden ist uns ein zentrales Anliegen.
Wir verzichten auf Wertschriften- und Edelmetallhandel sowie auf Gewinnmaximierung und spekulative Anlagen. Ein sorgfältiger, professioneller Umgang mit den uns anvertrauten Geldern, bei Anlagen und Kreditvergaben gehört zu unseren Kernkompetenzen.
Generell sprechen wir alle Menschen an, denen der verantwortungsvolle Umgang mit Geld zum Wohle der Gesellschaft ein Anliegen ist.
In unserer ideellen Ausrichtung orientieren wir uns an der Geisteswissenschaft Rudolf Steiners, der Anthroposophie.
Verabschiedet von VR und GL am 13.10.2016/Reflexion mit Mitarbeitenden am 17.10.2016
3. Verhaltensgrundsätze gegenüber den Stakeholdern
Unterwegs mit Menschen
3.1. Kund:innen
Alle Menschen, die an der Tätigkeit unserer Bank interessiert sind und uns aufgrund unserer Werte ihr Geld zur Verfügung stellen (Einlegende) oder solches von uns benötigen (Kreditnehmende), begegnen wir mit Interesse, Offenheit und Wertschätzung. Unser Respekt gegenüber dem Individuum und unser Interesse an seinen Fragestellungen ermutigen es dazu, sich mit einem erweiterten Umgang mit Geld und Ressourcen generell auseinanderzusetzen.
3.2. Genossenschaftsmitglieder
Im Rahmen von Veranstaltungen werden Entwicklungsthemen aus der Genossenschaft aufgenommen. Die Mitglieder werden regelmässig zur Mitarbeit eingeladen.
3.3. Liefer- und Dienstleistungsbetriebe
Wir pflegen mit unseren Lieferant:innen und Dienstleistenden eine offene, partnerschaftliche Beziehung und streben an, die gegenseitigen Bedürfnisse und Interessen in eine Ausgewogenheit zu bringen.
3.4. Kooperationspartner:innen
Bedingung für unsere Bankarbeit ist die Verbindung mit wertebasierten Institutionen und Menschen. Die Freie Gemeinschaftsbank kann verschiedene, mit Geldfragen verbundene Leistungen nicht anbieten. Daher wollen wir mit unserer Kernaufgabe verbundene Dienstleistungen in Zusammenarbeit oder Kooperation mit spezialisierten Personen oder Organisationen anbieten, die unsere Wertebasis teilen.
3.5. Behörden
Wir suchen den Austausch und die Zusammenarbeit mit Behörden im Interesse der Bankentwicklung. Die FINMA betrachten wir als eine Partnerin, die uns darin unterstützt, den regulatorischen Anforderungen gerecht zu werden und unser Bankgeschäft solide und professionell zu betreiben.
3.6. Öffentlichkeit
Unsere Kommunikation ist darauf ausgerichtet, die Arbeit der Bank und ihres Umfeldes zugänglich zu machen. Inhalt, Struktur und Form unserer Kommunikation basieren auf den Grundsätzen und Werten der Freien Gemeinschaftsbank. Wir wollen zeigen, dass ein anderer Umgang mit Geld möglich ist und Wege zu neuen Formen bereits begangen werden. Das kommunizieren wir transparent und selbstbewusst mit einem direkten, nachvollziehbaren Stil. Offenheit, Ehrlichkeit und Redlichkeit prägen unsere Kommunikation.
3.7. Mitarbeitende, Geschäftsleitung und Verwaltungsrat
Alle Beteiligten an der strategischen und operativen Bankarbeit
4. Leitungskonzept
Dem Verwaltungsrat obliegt die Oberleitung der Bank sowie die Aufsicht und Kontrolle über die Geschäftsführung gemäss den gesetzlichen und statutarischen Vorschriften. Er verfolgt eine ausgewogene Geschäftspolitik, die auf eine differenzierte, den Werten entsprechenden Risikoabwägung basiert. Er versteht sich als Kulturgestalter, ist sich bewusst, dass gemeinsam verankerte Werte, Menschenbild und Normen den Kern der Unternehmenskultur bilden.
Es besteht Einigkeit, dass für die Freie Gemeinschaftsbank eine «dialogische Führung» im Sinne eines von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung gemeinsam gebildeten Gesamtleitungsorgans stimmig ist. Die rechtlich vorgegebenen Kontroll- und Risikobeurteilungsaufgaben sind in der Hierarchie verankert und werden vom Verwaltungsrat wahrgenommen.
5. Bereichspolitiken
5.1. Preispolitik
Die Unternehmenspolitik definiert die Rahmenbedingungen, die einen angemessenen Ertrag ermöglichen. Die Freie Gemeinschaftsbank generiert ihren Ertrag grundsätzlich aus der Zinsdifferenz zwischen Aktiv- und Passivzinsen, dem sogenannten Zinssaldo.
Wir sind Teil der Marktwirtschaft und passen uns so weit wie nötig den herrschenden Mechanismen an, suchen jedoch stets nach Freiräumen und gestalten darin unsere Tätigkeit frei nach unseren Werten.
Wachstumsprozesse werden reflektiert und bewusst ergriffen: Sozialgestalt und qualitative Gesichtspunkte des Wachstums werden bei den Entscheidungen mitbedacht.
Ein Merkmal der Preispolitik der Freien Gemeinschaftsbank ist eine «dialogische Preisfindung», Preise legen wir, wo immer möglich, in der Beziehung fest. Die Wahrnehmung der jeweiligen Gegenpartei im Prozess der Preisfindung führt zu individuellen Preisen. Bisherige Beispiele dafür sind:
5.2. Risikopolitik
Das Bankgeschäft ist ein risikobehaftetes Geschäft. Die Übernahme, Bewirtschaftung und Kontrolle von Risiken ist untrennbar damit verbunden.
Unsere Tätigkeit verstehen wir als ein «Durchleiten von Geld»: Menschen vertrauen uns ihr Geld an und wir vertrauen wiederum Menschen Geld an, die ihre Initiativen verwirklichen wollen. Dazwischen steht unsere Fähigkeit als Bank. Wir überzeugen und wecken Vertrauen durch unser Tun: Basis dafür sind unsere Werte sowie die vom Gesetz und der Finanzmarktaufsicht vorgegebenen Rahmenbedingungen.
Erhöhte Risiken und Klumpen-Risiken vermeiden wir grundsätzlich. Wenn es für Initiativen unserer Kund:innen notwendig ist, entscheiden wir uns nach gründlicher Güterabwägung bewusst dafür.
5.3. Politik des Asset Liability Management (ALM / Bilanzsteuerung)
In der Bilanzsteuerung gehen wir von einer ausgewogenen Entwicklung auf der Basis realer Kundenbedürfnisse aus. Es ist Aufgabe der Bank, die Kundenbedürfnisse in einen Ausgleich zu bringen, damit sich die Bilanz ausgewogen entwickelt. Auf Absicherungsprodukte (z. B. Zinsderivate oder Zinsswaps) verzichten wir grundsätzlich. Die Ausgewogenheit zeigt sich in verschiedenen Kenngrössen, deren Zielgrössen periodisch durch den Verwaltungsrat festgelegt werden.
Das Volumen an Treuhandkrediten kann sich unabhängig von der Bilanz entwickeln. Die Ausgewogenheit ist in sich gegeben, da Passivvolumen immer gleich Aktivvolumen ist und keine Eigenmittel zu hinterlegen sind.
5.4. Kreditpolitik
Die Kreditgewährung der Freien Gemeinschaftsbank richtet sich grundsätzlich an der inhaltlichen Ausrichtung einer Initiative aus. Wir gewähren Kredite in Bereichen und für Initiativen, in denen es um Entwicklungsaufgaben des Menschen und der Erde geht. Zudem finanzieren wir gemeinschaftliche Wohnprojekte sowie private selbstgenutzte Wohnliegenschaften.
Unser geographischer Wirkungsbereich ist mit erster Priorität die Schweiz und mit zweiter Priorität das angrenzende deutschsprachige Ausland (Deutschland, Österreich).
Grundsätzlich stellen wir die Kreditvergabe auf die Person des Kreditnehmenden und dessen Bonität ab. Zur Begrenzung des Kreditrisikos sind wir bestrebt, die Kreditengagements mit werthaltigen Personal- und Sachsicherheiten zu unterlegen.
Im Sinne der grösstmöglichen Transparenz legen wir Wert darauf, dass wir alle Kreditnehmenden in unserem Geschäftsbericht aufführen. Die Kreditnehmenden geben uns dazu die Einwilligung, ihren Namen aufzulisten. Dadurch wird sichtbar, wo die Gelder eingesetzt sind.
5.5. Einlagegeschäft-Politik
Das Einlagegeschäft (Passiv) richtet sich an Kund:innen in der Schweiz. Es werden auch Kontobeziehungen aus dem Ausland zugelassen, wenn sie mit einem sinnvollen Aufwand für die Bank möglich sind. Wir werben nicht im Ausland.
In der Beratung geht die Freie Gemeinschaftsbank von den Bedürfnissen der Kund:innen aus. Diese gilt es so klar wie möglich zu identifizieren. Die Qualität des Zuhörens ist dabei von grosser Bedeutung. Auf Basis klarer Bedürfnisse können Beraterinnen und Berater individuelle Vorschläge und Angebote unterbreiten
Bei der Vermittlung von Treuhanddarlehen ist die Risikoabwägung und Risikoinformation neben der Darstellung der Projekte zentraler Bestandteil der Beratung. Ziel ist es, Risikofähigkeit und Risikobereitschaft mit den tatsächlichen Gegebenheiten in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen.
5.6. Treuhandgeschäft-Politik
Beim Treuhandgeschäft übernimmt die Bank nur die Vermittlerrolle zwischen Treugebenden und Treunehmenden sowie die professionelle Abwicklung. Es unterscheidet sich deswegen klar vom Kreditgeschäft.
Von zentraler Bedeutung ist im Treuhandgeschäft der Umgang mit dem Risiko. Im Gegensatz zum Kreditgeschäft findet keine Risikotransformation statt, die Kund:innen übernehmen Einzelrisiken. Daher hat die Bank eine grosse Verantwortung, sorgsam mit Risiken bei Treuhandfinanzierungen umzugehen und transparent zu informieren.
Die Wahrnehmung und Beziehung seitens der Treugebenden zum jeweiligen Projekt ist zentral. Darauf basiert zusammen mit dem Risiko die Preis- bzw. Zinsfindung. Das gegenseitige Verständnis kann durch Treuhand-Anlässe unterstützt werden.
5.7. Kommunikationspolitik
Inhalt, Struktur und Form der externen und internen Kommunikation inklusive der Marketinginstrumente basieren auf den Grundsätzen der Freien Gemeinschaftsbank und lauten zusammengefasst wie folgt:
5.8. Personalpolitik
Wir gehen davon aus, dass unser sozialer Organismus von allen in der Bank tätigen Menschen geprägt wird. Die persönliche Herausforderung für alle Beteiligten besteht in der Erlangung der Professionalität im Bankwesen bei der Umsetzung der gemeinsam erarbeiteten Werte im täglichen Tun und in der Pflege unserer Sozialkompetenz. Grundvoraussetzung dafür ist der Wille und die Bereitschaft aller, sich mit den inhaltlichen Fragen der Freien Gemeinschaftsbank persönlich auseinanderzusetzen. Instrumente wie interne und externe Kurse und Weiterbildungen, Coaching, Impuls-, Problemlösungs-, Führungs- und Entwicklungsgespräche bilden dafür den geeigneten Rahmen.
5.9. Forschungspolitik
In unserem Verständnis bildet Forschung einen zeitlichen und gemeinschaftlichen Raum, in dem Fragen bearbeitet werden, die sich aus der Realität heraus ergeben. Die Erarbeitung von Erkenntnissen und Darstellung von Zusammenhängen stehen im Vordergrund.
In der Forschungsarbeit kommt der Zusammenarbeit mit der Stiftung Freie Gemeinschaftsbank eine tragende Rolle zu.