Von Hildegard Backhaus Vink
Anne Voigt aus Baden gründete vor drei Jahren das Start-up MINILOOP. MINILOOP vermietet hochwertige Babykleidung im Abosystem. Was als «Eine-Frau-Unternehmen» im Wohnzimmer begann, ist heute auf dem Sprung zu einer Firma mit fest angestellten Mitarbeitenden.
Startschuss für ihre Beschäftigung mit Babykleidung war ein Mittagessen mit einer Freundin, die – als frischgebackene Mutter – Anne Voigt einen einstündigen Vortrag über die Vorzüge von Wollkleidung für Babys hielt: Wolle halte das Neugeborene im Sommer kühl und im Winter warm, sei selbstreinigend und man brauche sie seltener zu waschen als Baumwolle, sondern nur zu lüften. «Ich habe hinterher gedacht, die spinnt», kommentiert Anne Voigt heute ihre damalige Reaktion.
Der Praxistest
Als sie dann selbst Mutter wurde, erinnerte sie sich an die begeisterten Ausführungen ihrer Freundin und beschloss, Wollkleidung für ihr eigenes Kind auszuprobieren. Zusammen mit ihrem Mann suchte sie eine 10-teilige Baby-Erstausstattung aus zertifizierter Merino-Wolle und Seide aus. Kostenpunkt: rund 400 Franken. «Tatsächlich fühlte sich unsere im Winter geborene Tochter in den Stramplern, Jäckchen und Mützchen aus Merinowolle sehr wohl, das war deutlich zu spüren», berichtet Anne Voigt. Und wie ihre Freundin versprochen hatte: Die Wolle reinigte sich bei leichten Verschmutzungen durch die natürliche
Reibung der Fasern tatsächlich selbst und war nach dem Auslüften sogar für die Nase wie neu. Anne Voigt war begeistert und konnte es kaum glauben: «Wolle
schien tatsächlich so eine Art Wundermaterial für Babytextilien zu sein.»
Die Idee am Wickeltisch
Aber dann folgte der Schock: «Nach etwa drei Wochen war unsere Tochter aus der gesamten Kleidung herausgewachsen, alles war in Windeseile zu klein geworden!» Anne Voigt konnte es kaum fassen. Die hochwertige Ausstattung, die für länger gedacht und immer noch wie neu war, konnte nur noch verkauft oder verschenkt werden. «Ich dachte: Das kann doch nicht sein», beschreibt Anne Voigt ihre damalige Empfindung. «Gibt es nicht irgendeine Möglichkeit, wie man damit umgehen kann?» Dieser Gedanke trieb sie um. Nach einiger Überlegung und Austausch mit ihrem Mann, einem Innovationsentwickler in einem grossen Betrieb, war der Gedanke zu einem Start-up geboren: Man müsste eine Babykleidungsvermietung gründen, die hochwertige Babykleidung aus Wolle und Seide im Abosystem anbietet. Die Eltern zahlen monatlich einen gleichbleibenden Beitrag und erhalten nach Bedarf ein neues Kleiderpaket, je nachdem wie schnell ihr Kind wächst, so die Überlegung. Und das Ganze ist auch noch nachhaltig, da die Kleidungsstücke von mehreren Babys getragen werden können. «MINILOOP – das ist eine Idee, die am Wickeltisch entstanden ist», schmunzelt Anne Voigt.
Der Weg zum Start-up
Durch eine befreundete Unternehmerin stiess Anne Voigt auf die Frauenbürgschaftsgenossenschaft SAFFA. Die SAFFA stufte das Projekt als zukunftsweisend ein und gewährte eine Kreditbürgschaft, so dass die Freie Gemeinschaftsbank das Startkapital für MINILOOP finanzieren konnte. Anne Voigt begann, umfassend nach Produzent:innen von nachhaltig produzierter Merinowolle zu recherchieren und fand eine Reihe von Hersteller:innen, deren Sortiment sie überzeugte. Aus ihrer früheren Beschäftigung als Lobbyistin für eine Umweltorganisation hatte sie Kontakte zu Fotograf:innen, Webdesigner:innen und anderen Menschen, die ihr bei der nötigen Infrastruktur halfen. 2019 ging es an den Start: Die ersten Abonnent:innen waren im persönlichen Umfeld und darüber hinaus gewonnen und MINILOOP konnte mit dem Babykleidungsversand starten.
MINILOOP heute
Heute lagern in den angemieteten Büro- und Lagerräumen in der Alten Spinnerei in Turgi grosse Stapel von Babykleidung, nach Farbe, Grösse und Art sortiert, sorgfältig in vakuumverpackten Säcken vor Motten geschützt. Neben Aushilfen und freien Mitarbeitenden hat Anne Voigt mittlerweile sechs Mitarbeiter:innen mit einem Vollzeitpensum angestellt, das gesamte Team umfasst 12 Personen. Inzwischen hat sie mehrere hundert Kund:innen. Das Waschen der Kleidungsstücke erledigt eine auf Wolle und ökologisches Waschen spezialisierte Wäscherei.
Mit MINILOOP verbindet sie auch Aufklärungsarbeit rund um das Thema Babykleidung. «Viele Eltern sind am Anfang sehr unsicher, wie sie ihr Kind in den verschiedenen Jahreszeiten anziehen sollen», meint Anne Voigt. «Früher gab es in diesem Bereich ein überliefertes Wissen. Heute bin ich für meine Kundinnen am Telefon die Beraterin.» «Hochwertige Baby-Kleidung aus Naturmaterialien, die nachhaltig produziert und für viele erschwinglich ist – das ist unsere Mission», formuliert Anne Voigt zum Abschied.
Erklärt: Wie funktioniert MINILOOP?
MINILOOP bietet drei Abopakete in den Grössen Mini, Basic und Maxi zwischen 30 Franken und 95 Franken im Monat. Die Abonnent:innen erhalten je nach Bedarf ein Paket mit passender Kleidung aus 100 % Naturmaterialien wie Merinowolle und Seide – im Sommer ergänzt durch Leinen, Hanf und Baumwolle – für Kleinkinder im Alter von bis zu zwei Jahren.
Wenn die Kinder aus der Kleidung herausgewachsen sind, senden die Eltern die Kleidungsstücke zurück und erhalten ein neues Paket. Anne Voigt kontrolliert die Kleidung, flickt schadhafte Textilien oder sortiert sie als Material für neue Kleidung aus, wäscht die Kleidungsstücke und lagert sie sorgfältig für den nächsten Versand.
Wichtig ist MINILOOP eine umweltschonende Herstellung, faire Bezahlung, lange Haltbarkeit der Kleidung sowie eine stabile Lieferant:innenbeziehung. MINILOOP steht in ständigem Kontakt mit den Produktionsfirmen und kennt viele persönlich.
MINILOOP möchte einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten: Die Kleidung wird länger genutzt und die Neuproduktion entsprechend reduziert.
Auch möchte MINILOOP allen Müttern und Vätern, die sich für ihre Kinder hochwertige Naturkleidung wünschen, dies ermöglichen. Denn durch die Gemeinschaft aller Abonnent:innen reduzieren sich die Kosten für die oder den Einzelnen bis zu 70 %, abhängig davon, wie schnell das Kind wächst.