Von Hildegard Backhaus Vink
Jasmin Blaser hat 2020 einen Hof in Goumois übernommen – allein. Mittlerweile sind ein paar Menschen hinzugekommen, die permanent oder tageweise bei der Schafhaltung und beim Heuen mithelfen. Der Hof wird von der Freien Gemeinschaftsbank finanziert.
Auf abenteuerlichen Schotterwegen, die sich serpentinenartig von den Jurahöhen herunterschlängeln, gelangen wir zum abseits gelegenen Bio-Bauernhof «Sur le Rang», einem typisch jurassischen Holz-Steinbau mit mehreren Stall- und Nebengebäuden. Drei Schafherden von insgesamt 130 Schafen bevölkern die saftigen Weidenhänge rund um den Hof. Ein schillernder Hahn, Hühner, Gänse und ein imposanter Truthahn picken auf den Wegen, zwei Hütehunde fühlen sich für die Bewachung von Mensch und Tier zuständig und ein schwarzgeschecktes Schwein suhlt sich im Schlamm.
«Es war Liebe auf den ersten Blick», sagt Jasmin Blaser, die 2020 den Hof mitten im Waldgebiet von Goumois zum Erstaunen ihres Umfeldes allein übernommen hat. «Hat sie jetzt einen Freund?», wurde ihre Mutter gefragt. «Der Bauer bin ich!» gab Jasmin Blaser damals selbstbewusst zur Antwort.
Ein selbstbestimmtes, nachhaltiges Leben
Als Praktikantin war sie erstmals nach Sur le Rang gekommen. Damals wurde der Hof ebenfalls von einer Frau allein geführt. «Übrigens, wenn Du den Hof irgendwann einmal übergeben möchtest – ich würde ihn übernehmen», bot Jasmin Blaser ihr eines Tages beiläufig an. Überraschenderweise war dies kurze Zeit später tatsächlich der Fall.
Auf Sur le Rang fand Jasmin Blaser alles, was sie schätzt und liebt: eine weite, unberührte Landschaft, eine biologisch geführte Landwirtschaft, ein selbstbestimmtes, nachhaltiges Leben – und vor allem Tiere. Auf einem Bauernhof im Berner Oberland grossgeworden, hatte Jasmin Blaser zunächst eine Lehre im Gemüseanbau absolviert. Aber ohne Tiere fehlte ihr etwas. «Schafe sind meine Lieblingstiere: Ich bewundere, was sie uns alles schenken: Wolle, Milch, Fleisch», schwärmt sie. «Ich mag es, sie anzufassen und wie sie riechen. Sie sind mir einfach sympathisch.»
Beziehung zum Tier
Jasmin Blaser steht auf der Weide. «Allein sind sie panisch, aber in der Herde stark. Und jedes Schaf ist individuell», sagt sie und geht in die Hocke. Das erste Schaf nähert sich zaghaft, lässt sich von ihr den Hals kraulen, das nächste kommt und noch eines, stupst das zweite. Jedes will Jasmin Blaser am nächsten sein. Die sonst so scheuen Tiere können nicht genug Streicheleinheiten bekommen.
Beim Schlachten ist sie immer selbst dabei. «Das geht mir oft sehr nahe», sagt sie, «aber mir ist es wichtig, dass das Töten so stressfrei wie möglich abläuft.» Ein Zusatzeinkommen bringen ihre «Pferdepension» für neun Pferde und zwei vermietete Wohnungen auf dem Gelände.
Zum ersten Mal
«Vieles von dem, was ich hier mache, mache ich zum ersten Mal», beschreibt Jasmin Blaser ihre Arbeitsweise. «Eigentlich bin ich mein eigener Lehrling.» Unterstützung bekommt sie von einem Mitarbeiter, der seit kurzem als Vollzeitkraft eingestiegen ist. Ausserdem helfen die beiden Mieterinnen stundenweise mit, und ihr Partner, ein Catering-Unternehmer, kümmert sich um Haushalt und Gelände. Auch ihr Vater springt ein, wenn zum Beispiel Heu mit Traktor und Anhängern in das unwegsame Gelände transportiert werden muss. Und die Nachbarn der umliegenden Höfe stehen stets mit Rat und Tat zur Seite.
Was sie umtreibt, möchte ich beim Abschied wissen. «Ich möchte dazu beitragen, dass Menschen und Tiere glücklicher werden und der Boden gesünder», ist ihre klare Antwort.