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«Wir sind Indoor- und Outdoor-Gastgeber» - Berglodge Goms

Von Hildegard Backhaus Vink

Michèle Zbinden und Patrik Birri haben sich einen Traum verwirklicht: ein rundherum nachhaltig gestaltetes Kleinhotel für Naturliebhaber:innen und Erholungssuchende im Oberwalliser Bezirk Goms.

Wenn Patrik Birri früher als Feriengast in Münster VS aus der Matterhorn­Gotthard­Bahn stieg, kam ihm immer der charakteristische Duft von Holz, Schaf und im Winter Schnee entgegen. «Irgendwann wusste ich: Ich möchte hierbleiben und mir im Goms eine Existenz aufbauen», erzählt der ehemalige Baufachmann und Projektentwickler aus Zug, als wir im Speisesaal der Berglodge Goms bei Kaffee und Gipfeli sitzen. «Wir fan­den, Münster könne eine unkomplizierte Unterkunft ge­brauchen, als Alternative zu den übrigen Angeboten», er­gänzt seine Partnerin Michèle Zbinden, Gymnasiallehrerin für Biologie und Sport.

Nachhaltiges Gästehaus
Patrik Birri und Michèle Zbinden hielten Ausschau nach alten Häusern für den Umbau in eine Pension. «Es ist aber nicht leicht, ein altes Haus zu modernisieren», er­klärt Patrik Birri. «Um neue Leitungen zu legen, muss man tief in die Substanz eingreifen. Und die Schalldämmung ist in alten Holzbauten ein riesiges Problem.» Sie beschlossen daher, einen Neubau zu wagen.

Gemeinsam entwickelten sie ein Gästehaus nach ihren Ansprüchen: Es sollte ökologisch und ästhetisch sein und mit einheimischen Materialien sowie von lokalen Hand­ werker:innen gebaut werden. «Das ist uns auch gelungen», berichtet Patrik Birri stolz. «Selbst die Photovoltaikanlage wurde im Tessin entwickelt und produziert.» Er fährt fort: «Wir haben unbehandeltes Vollholz verwendet, zu 80 % Gomser Lärchen­ und Fichtenholz. Das mussten wir be­reits vor der Finanzierungszusage verbindlich bestellen.» Ein unternehmerisches Risiko, das ihm einige schlaflose Nächte bereitet hat.

Auf die Freie Gemeinschaftsbank waren die beiden durch Internetrecherche gestossen. Patrik Birri meint dazu: «Wir waren froh, einen Finanzierungspartner gefunden zu haben, der unsere Werte teilt und unser Anliegen mit der Berglodge Goms versteht.» 2020 war Baubeginn. Um beim Bau mitzu­helfen und eine kleine Auszeit zu nehmen, wanderte Patrik Birri in vier Tagen von Zug ins Goms. «Ich habe hier Vieles mit eigenen Händen gemacht», sagt er. «So habe ich einen emotionalen Bezug zu dem Haus». 2021 wurde die Berglodge Goms eröffnet. «Bereits im ersten Jahr haben wir schwarze Zahlen geschrieben», erzählt Michèle Zbinden und freut sich.


Farbkonzept nach der Natur
Wir laufen durch das dreistöckige Blockhaus, das sich von aussen harmonisch in das Dorfbild einfügt. Die Lounge empfängt die Gäste mit einer gemütlichen Sofaecke und Kachelofen. Der Speisesaal bietet einen Rundumblick auf die Berge. Das verseifte und teilweise geölte Holz an den Wänden und Decken strahlt Wärme aus und duftet immer noch nach Nadelholz.

Jedes der 13 Zimmer ist etwas anders gestaltet. Das Farb­konzept ist der umgebenden Natur entnommen: das warme Gelb und abgedämpfte Rot der Herbstfarben, das Olivgrün der Bäume und Schwarz der Waldschatten. Im Dachgeschoss ist ein grosser Yoga­ und Seminar­-Raum eingerichtet.

«Wir verstehen uns als Indoor­- und Outdoor-­Gastgeber», erklärt Michèle Zbinden. Wenn jemand das wünscht, be­gleiten wir sie oder ihn draussen auf einer Wanderung und unternehmen einen Kräuterspaziergang.» Patrik Birri ist ausserdem Schneesportlehrer und bietet im Winter Skiun­terricht in der hauseigenen Langlaufschule an. Michèle Zbinden gibt ganzjährig Yogakurse. Am Freitag­ und Samstagabend kocht sie vegetarisch mit Gemüse aus dem Permakulturgarten hinter dem Haus. «Die Gäste sind manchmal ganz erstaunt, wenn wir mit dem Salat aus dem Garten kommen», lacht Patrik Birri.

Im Moment machen sie noch alles selbst und haben nur eine 100 Prozent­-Stelle für ein:e Allrounder:in sowie zwei Teilzeitmitarbeitende für die Küche. «Zurzeit suchen wir wieder jemanden für die Vollzeitstelle. Vielleicht findet sich jemand unter Ihren Leser:innen?», zwinkert Patrik Birri mir zum Abschied zu.

Berglodge Goms in Zahlen

durchschnittliche Anzahl Sonnentage
300
Anteil selbst produzierter Strom am Stromverbrauch
85 %
Verbaute Holzmenge
180 Kubikmeter
Schneelast, welche das Dach aushält
ca. 720 t
Distanz zum Loipeneinstieg
15 m
Distanz zum Bahnhof-Perron
30 m
Verbrauch Bio-Käse/Jahr
ca. 300 kg

Erklärt: Bergldoge Goms

Die Berglodge Goms wurde im traditionellen Baustil als Blockhaus erbaut. Das Fichten- und Lärchenholz stammt aus der näheren Region und alle Verarbeitungsstufen (Forst, Sägerei, Holzbau) erfolgten ohne lange Transportwege im Oberwallis. Der Bau ist somit nahezu klimaneutral.
Das eingesetzte Vollholz ist unbehandelt und naturbelassen, aber dennoch witterungsbeständig, weil die einheimischen Hölzer dem lokalen Klima angepasst sind. Die inneren Oberflächen wurden lediglich geseift. Die Aussenwände im Erdgeschoss wurden inwendig mit naturbelassenem,
grünlichem Sumpfkalkputz verputzt. Im Erdgeschoss wurde die Holzkonstruktion auf einem massiven Betonsockel gebaut, um den Bau vor aufsteigender Feuchtigkeit zu schützen. Um die Lärchen-Bestände zu schonen, sind die Blockwände in Fichte und nur die den Witterungseinflüssen  ausgesetzten Bauteile in Lärche ausgeführt. 

Die Bauaufträge wurden fast vollständig im Goms und Umgebung vergeben. Damit blieb die Wertschöpfung zu 100 % in der Region und trug dazu bei, in einer Randregion Arbeitsplätze zu erhalten. Zur Wärmedämmung wurden in den Wänden und im Dach nachhaltige Holzfaserdämmplatten verbaut. Der Schallschutz zwischen den Zimmern und den Stockwerken stellte eine besondere Herausforderung dar: In Zusammenarbeit mit einem Bauphysiker wurde eine spezielle doppelschalige Blockbauweise aus Massivholz entwickelt.


Das kleine Hotel bietet einen Wohn- und Essbereich, eine Lounge und einen multifunktionalen Seminar- und Bewegungsraum im Dachstock. Im Nebengebäude sind eine Sauna und das Kraftwerk untergebracht, auf dem Dach befinden sich die Solarpanels für Strom und Warmwasser. 
Vor dem Haus gibt es eine Elektroauto-Ladestation. Der grosse Garten wird nach Permakulturgrundsätzen angelegt und lädt nicht nur zum Verweilen und Erholen ein, sondern liefert auch Gemüse für die Küche. Michèle Zbinden und Patrik Birri haben auf ihren Wanderungen Samen gesammelt, um eine möglichst grosse Vielfalt an alpinen Pflanzen anzusiedeln und damit die Biodiversität zu fördern. 

Die Berglodge Goms ist ganzjährig geöffnet. Das sonnige Hochtal Goms bietet vielfältige Möglichkeiten: Wanderungen in der artenreichen hochalpinen Natur im Sommer und Schneesportarten, wie Skilanglauf auf der 100 km-Loipe sowie Schneewanderungen im Winter. Patrik Birri ist diplomierter Schneesportlehrer, Michèle Zbinden Yogalehrerin. Beide bieten Kurse an. Die Berglodge Goms eignet sich für Individualreisende und Gruppen, z. B. auch für Seminare und Workshops. Sie hat von der Hotellerie Suisse Auszeichnungen als Wanderhotel und Schneesporthotel erhalten und ist in die Kategorie «Design & Lifestyle» aufgenommen worden.